Das Pflegekonzept des stationären Kinderhospizes

Das erkrankte Kind und seine Familie können die palliativ-hospizliche Versorgung im Kinderhospiz mit dem Zeitpunkt der Diagnosestellung in Anspruch nehmen. Diese verläuft parallel zu jeglichen Heilbehandlungen. Sie geht über den Tod hinaus und die Familie wird auch in der Trauerzeit begleitet.

Das Ziel ist die Symptomlinderung beim Kind und Jugendlichen sowie die Förderung der Lebensqualität der gesamten Familie. Die Eltern erkennen wir als primär Versorgende an, sie sind gleichwertige Ansprechpartner und in alle Entscheidungen die ihr Kind betrifft einbezogen. Eine offene und sensible Herangehensweise bildet die Grundlage unserer Kommunikation mit dem Kind und der Familie.

Der Lebensmittelpunkt des Kindes und der Familie ist das Zuhause. Durch hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter, die in pädiatrischer Palliativversorgung und hospizlicher Begleitung qualifiziert sind, ist ein Netzwerk zur umfassenden Betreuung der gesamten Familie vorhanden.

Monika Krohwinkel, Krankenschwester und Hebamme, seit 1993 Professorin für Pflegewissenschaften in Darmstadt, entwickelte 1988 die ganzheitlich fördernde Prozesspflege.

In diesem Modell spielen die Fähigkeiten des Menschen eine große Rolle.

Dass der Mensch seine Bedürfnisse entwickeln kann und mit seinen Fähigkeiten umzugehen weiß, ist oberstes Ziel. Kann der Mensch dies nicht mehr selbst, übernimmt die Pflegekraft Verantwortung und stellvertretend das, was der hilfsbedürftige Mensch selbst tun würde, wenn er das Wissen, den Willen und die Kraft dazu hätte.

Im Rahmen des AEDL-Strukturmodells benennt M. Krohwinkel 13 Bereiche, die untereinander in Wechselbeziehung stehen, aber keiner Hierarchie unterliegen. Um den Menschen ganzheitlich zu sehen, muss neben der jeweiligen Einzelbetrachtung jeder AEDL auch ihre Auswirkung auf die anderen AEDL-Bereiche berücksichtigt werden. Das Kinderhospiz arbeitet angelehnt an das Pflegemodell von Krohwinkel, da es in der Sterbephase eher um die Begleitung und Symptombehandlung geht und weniger um die Förderung.

Alle Handlungen werden prozessbezogen geplant, organisiert und durchgeführt und bedürfen einer ständigen Evaluation (Überprüfung) sowie ggf. der Anpassung an das aktuelle Geschehen.

Das Ziel dieser Behandlung ist eine Verbesserung bzw. das Erhalten der Lebensqualität des Kindes und Jugendlichen und orientiert sich an dessen körperlichen, psychischen, sozialen und geistig-seelischen Bedürfnissen.

Die Angehörigen und Bezugspersonen der erkrankten Kinder und Jugendlichen werden auf Wunsch in die Pflege und Begleitung mit einbezogen. Hierzu gehört die Wahrung der Würde der eigenen und familiären Ressourcen.

Zum Angebot des Kinderhospizes zählen folgende Leistungen:

  • die Körperpflege (waschen, duschen und baden, Zahnpflege, kämmen und rasieren, Darm- und Blasenentleerung)
  • die Ernährung (mundgerechtes Zubereiten der Nahrung sowie die Unterstützung bei der Aufnahme der Nahrung, Hygienemaßnahmen, wie z.B. Mundpflege)
  • die Mobilität (aufstehen u. zubettgehen, betten und lagern, gehen, stehen, Treppensteigen, das Verlassen und Wiederaufsuchen des Kindeshospizes, an- und auskleiden)
  • die allgemeine soziale Betreuung
  • die medizinische Behandlungspflege
  • die Unterkunft und Verpflegung

Pädagogisch-kreative sowie Spielangebote dienen dem Wohlbefinden des Kindes und Jugendlichen und werden im Rahmen der Bezugspflege von der jeweiligen Pflegefachkraft angeboten und unterstützt. Dies erfolgt je nach Bedürfnis und Interesse des Kindes und in Absprache mit dem Sozialdienst.

Das Ziel der Behandlung ist der Erhalt bzw. die Verbesserung der Lebensqualität des Kindes. Dazu gehören:

  • palliative Schmerztherapie nach dem Stufenschema der WHO und Schmerzprophylaxe
  • Symptomtherapie bei Übelkeit, Erbrechen und Obstipation nach palliativen Standards
  • palliativmedizinische Wundversorgung
  • Symptomtherapie bei Anfallsgeschehen und Epilepsie
  • Durchführung enteraler Ernährungstherapien mittels Magensonden, PEG und PEJ
  • Durchführung der Pflege bei Kindern mit Sauerstoffgabe und Tracheostoma
  • Überwachung und Pflege bei dauerbeatmeten Kindern und Jugendlichen
  • Krisenintervention

Die Versorgung erfolgt nach anerkannten palliativpflegerischen Erkenntnissen.

Weiterhin finden komplementäre Pflegemethoden nach Bedarf des Kindes und auf Wunsch der Familie einen Platz in der Pflege.

Das Team des Kinderhospizes ist ein interdisziplinäres Team bestehend aus Ärzten, Pflegefachkräften, Seelsorger, dem Sozialdienst, ehrenamtlichen Mitarbeitern, externen Therapeuten und pädagogischen Mitarbeitern.

Interne Qualitätssicherung nach § 80 SGB XI wird geleistet durch

  • Zusammenarbeit und Abrechnung mit Kostenträgern
  • Leitbild der Pfeifferschen Stiftungen (Informationstafel im Kinderhospiz, QM-Handbuch)
  • Pflegemodell, Expertenstandards, Pflegplanung und Dokumentation
  • Kontrolle des internen Sicherheits- und Hygienebeauftragten
  • Beschwerdemanagement
  • Fortbildungsplan Kinderhospiz
  • Dienstübergaben, Fallbesprechungen, Supervisionen
  • Dienst und Urlaubsplanung der Mitarbeiter
  • Kontrolle der internen Sicherheits- und Hygienevorschriften der Pfeifferschen Stiftungen

 

Für die ärztliche Betreuung der Kinder und Jugendlichen Gäste ist der Kinderarzt zuständig.

In der Pflegedokumentation des Kindes oder Jugendlichen befindet sich die jeweilige Telefonnummer.

Die palliativ-medizinische Betreuung im Kinderhospiz wird durch

  1. Frau Dr. Katharina Polter, 39116 Magdeburg, Frankefelde 34, Tel. 6312098 und
  2. Frau Dr. Süna Gertz, 39128 Magdeburg, Hanns-Eisler- Platz 11, Tel. 2522737

gewährleistet.

Bei Notfällen oder einer Nichterreichbarkeit der Kinderärztin kommt das SAPV-KJ Team der Pfeifferschen Stiftungen (Tel. 0173 9918480) zum Einsatz.

Notwendige, ergänzende Behandlungen, wie Gipswechsel z.B. nach vorbestehender Fraktur können ortsnah im Klinikum der Pfeifferschen Stiftungen erfolgen.

Ein niedergelassener Zahnarzt und eine Hautärztin behandeln im Kinderhospiz ambulant.

Das Kinderhospiz gewährleistet eine individuell angemessene Unterstützung des Kindes und Jugendlichen zum Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung. Dem Kind werden Bedürfnisse und Wünsche im Hinblick auf Achtung und Wertschätzung, Nähe und Distanz, Ruhe und Kommunikation erfüllt. Die Mitarbeiter erkennen Fragen nach dem Sinn des Lebens und achten den jeweiligen Glauben des Gastes. Sie bieten Hilfen im Prozess der Sterbephasen und gehen achtsam damit um.

Bei der Entlastungspflege, die einen großen Anteil in unserer Arbeit einnimmt, geht es vorrangig um die pflegerische und psychische Unterstützung der Eltern und betreuenden Angehörigen. Während der Entlastungspflege nutzen die Eltern gern das Angebot das Pflegepersonal ausführlich in die spezielle Pflege ihres Kindes einzuweisen. Wir erkennen dabei die Eltern als Experten in der Pflege ihres Kindes an. Ist das Vertrauen für die Versorgung des Kindes hergestellt, wird diese zeitweise oder komplett an das Pflegeteam abgegeben. (siehe Arbeit mit Eltern, Arbeit mit Geschwisterkindern)

Eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Pädagogin oder eine Psychologin bieten den Eltern, Geschwistern oder der gesamten Familie regelmäßig Zeit für begleitende Gespräche an. Die Belastungen und Anforderungen an die Eltern im Pflegealltag sind sehr groß, häufig zu groß, so dass Probleme bzgl. der Selbstsorge, Erziehungsfragen oder des Alltagsmanagements auftreten. In den Gesprächen können sich die Eltern entlasten – gerade Alleinerziehende, die keinen Partner zum Austausch und zur Abgabe von Alltagsaufgaben haben.

Auch jugendliche Geschwisterkinder nutzen die Gespräche für das Einbringen von Wünschen und Bedürfnissen, die oft im Alltag wenig Platz finden. So können neben der Entlastung auch konkrete individuelle Wünsche und Angebote besprochen und weiterführende Möglichkeiten, wie sie die Geschwisternetzwerke bieten, eröffnet werden.

Die Beantragung der Aufnahme eines Kindes im Kinderhospiz stellt für stark geforderte Eltern meist eine überfordernde Aufgabe dar. Die Mitarbeiterin im Sozialdienst des Kinderhospizes klärt die Bedarfe der Familie, berät die Eltern über ihre rechtlichen Ansprüche und unterstützt in der Antragstellung. Der Sozialdienst steht für die Regelung und Klärung von sozialen, sozialrechtlichen und behördlichen Fragen in Form der Einzelfallhilfe und Beratung für die Kinderhospizgäste und ihrer Eltern zur Verfügung.

Auch während des Aufenthaltes im Kinderhospiz finden Gespräche dazu statt, welche Unterstützungen die Eltern in der Häuslichkeit benötigen und zustehen würden. Im Kinderhospiz werden dazu auch weiterführende Kontakte (z.B. örtlicher Kinderhospizdienst) zum Wohnort der Familie hergestellt.

Die Mitarbeiterin im Sozialdienst informiert und berät die SAPV für Kinder und Jugendliche in der Vor- und Nachsorge über o.g. Fragestellungen. Auch ist sie das Bindeglied zum Trauerinstitut und zur Gruppe der ehrenamtlichen Kinderhospizbegleiter.

Das Kinderhospiz als Teil der Pfeifferschen Stiftungen, ist eine evangelisch-diakonische Einrichtung. Die seelsorgerlich-spirituelle Begleitung wird daher durch einen Pfarrer angeboten, der regelmäßige Besuche im Kinderhospiz macht. Darüber hinaus haben die Familien die Möglichkeit, dass Glaubensvertreter ihrer Religion als Seelsorger im Kinderhospiz begleiten oder auch Mitglieder der Herkunftsgemeinde diese Aufgabe übernehmen.

Die Auseinandersetzung mit Krankheit, Sterben und Trauer birgt immer wieder wichtige und fundamentale Fragen an den Sinn des Lebens: für die Eltern, die Kinder und Jugendlichen und auch für die Mitarbeitenden. Hier steht der Seelsorger begleitend und unterstützend zur Seite.

Auch die Abschiednahmen von verstorbenen Kindern und Jugendlichen werden durch den Seelsorger ermöglicht und haben ihre Basis in der christlichen Tradition. Familien anderer Glaubensrichtungen werden herzlich eingeladen, können auf Wunsch auch den „eigenen“ Geistlichen bitten die Abschiednahme zu gestalten.

Diese Verabschiedung des verstorbenen Kindes findet mit einem Ritual statt. Eine liebevolle Gestaltung des Bettes und des Raumes sowie ein würdevoller Umgang mit dem verstorbenen Kind sind selbstverständlich. Im Raum der Stille liegt das Abschiedsbuch aus, in dem jedes verstorbene Kind seinen Platz hat. Die Abschiedskerze, als Lebenslicht, wird für jedes verstorbene Kind angezündet. Jedes Jahr, Ende November findet eine Gedenkandacht in der Samariterkirche der Pfeifferschen Stiftungen statt, zu der alle Angehörigen der Verstorbenen im Hospiz und Kinderhospiz herzlich eingeladen sind. Im Anschluss bieten die Mitarbeitenden Zeit und Raum für gemeinsames Erinnern bei Kaffee und Kuchen an.

Das Kinderhospiz ermöglicht neben den physio- und ergotherapeutischen Behandlungen, die von den Kassen finanziert werden, auch spendenfinanzierte Musiktherapie, Kunsttherapie, einen Klinikclown und die tiergestützte Therapie. Diese werden angeboten, um das Wohlbefinden der Kinder zu erhöhen.

Die Grundlage dafür sind die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen sowie ihre Interessen und Fähigkeiten. Die Musik-, Kunst- und tiergestützte Therapien sind begleitende Angebote und unterliegen keinem konkreten Therapieziel.

Sie ermöglichen den Kindern neue Erfahrungen zu machen, das Gefühl der Selbstwirksamkeit zu stärken und das Selbstvertrauen weiter zu entwickeln. Auch psychische Prozesse des Erlebens und des Umgangs mit der Erkrankung können positiv beeinflusst werden.

Neben den therapeutischen Angeboten finden im Kinderhospiz Beschäftigungsangebote Raum. Diese lehnen sich an die Interessen, den Bedürfnissen und Wünschen der Kinder nach Ruhe, Gemeinschaft oder einfach „Spaß haben“ an.

Das sind zum einen umfassende Angebote, wie z.B. Kinobesuche, Zoobesuche oder Picknicken in der Natur. Aber auch die alltäglichen „kleinen“ Angebote, wie Spazierfahrten, snoezelen, etwas gemeinsam lesen oder sich vorlesen lassen, kreativ sein können, gemeinsam kochen oder backen und vieles mehr. Das Ziel hierbei ist die Unterstützung der Realisierung grundlegender Bedürfnisse, wie der nach Kommunikation, Entspannung, nach physischen und emotionalen Anregungen u.a. mehr.

Einen hohen Stellenwert hat das Leben und Pflegen von Ritualen als Hilfestellung, Orientierung und sich wiederholende Struktur für Familien und für die Mitarbeiter. Dazu gehören zahlreiche christliche Rituale, die sich im Jahresverlauf als wichtige Eckpunkte darstellen, wie z.B. Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Aber auch Rituale bzgl. der Begrüßung und der Verabschiedung von Gästen im Kinderhospiz haben einen Vertrauen schaffenden und wiederkehrenden Charakter.

Weiterhin gehören dazu:

  • Feiern von Festen und Geburtstagen
  • Andachten zum Innehalten, als geistige Kraftquelle
  • Blumenschmuck und angenehme Atmosphäre in allen Räumen des Kinderhospizes
  • geistliche Begleitung durch den im Kinderhospiz zuständigen Seelsorger
  • Ankommen und Beendigung des Aufenthaltes.

Wir haben es zu einem festen Bestandteil gemacht, jedem Kind/ Jugendlichen zu Beginn seines Aufenthaltes bei uns ein kleines Erinnerungsheft zu gestalten. Hier werden gute Wünsche für das Kind und die Familie eingeschrieben, besondere Erlebnisse festgehalten, wozu natürlich auch Fotos gehören, die das Leben des Kindes im Kinderhospiz dokumentieren. Die Kinder bringen dann zu erneuten Aufenthalten diese Hefte immer wieder mit, um neue Ereignisse einschreiben zu lassen.

Besonders die Eltern der Kinder freuen sich über die Dokumentation des Besuches ihres Kindes im Kinderhospiz in der Zeit des Getrenntseins.

Das Kinderhospiz der Pfeifferschen Stiftungen ist ein Haus des Lebens. Es soll ein Zuhause sein in dem Freude und Leid miteinander geteilt werden. Unser Wohnzimmer mit angeschlossener Terrasse ist ein Raum der Begegnung, ein Ort um zu plaudern, debattieren, lesen, musizieren, ausruhen, miteinander lachen und weinen, essen und kochen, basteln und auch um Lösungen zu suchen und zu finden. Ein Ort, an dem Vieles möglich wird.